Kubu in Baku – Ein Reisebericht

Anzeigetafel mit dem Aufruf für den BVB-Fanflieger nach BakuBevor ich mit der eigentlichen Geschichte, dem Reisebericht des „Commando Kleistraße Tofiq Bahramov“ zum Europa League Play-Off Rückspiel in Baku gegen den FK Qarabag Agdam, beginne, muss ich etwas ausholen. Denn die Reise begann nicht erst am 25.08., sondern bereits einige Tage früher, am 06.08. gegen 13:45 h. Denn da wurde dem BVB der Gegner „FK Qarabag Agdam“ zugelost. Neben eben genanntem waren auch der AIK Solna, Grasshoppers Zürich, der FC Utrecht und Trazonspor im Lostopf. Und die einhellige Meinung war vorher schon klar. Trabzon und Agdam/Baku fahren wir nicht!

Wir fahren doch

Und genau dies wurde 2 Minuten nach der Auslosung auch per Mail bestätigt („Ich fahre 100 % nicht“, „Agdam? Auf keinen Fall“). Weitere 5 Minuten später kam dann die erste Frage nach den Kosten eines Express-Reisepasses auf. Eigentlich war in dem Moment klar das wir, wenn auch mit einer kleinen Gruppe, fahren werden. Nur ausgesprochen hatte es noch niemand. Von Freitag bis Montagmorgen hatten wir dann quasi eine Funkstille vereinbart (die bis aus Tomeks Anruf aus dem Kölner Franz-Kremer-Stadion auch eingehalten wurde). Montagmorgen dann die Entscheidung – wir fahren nicht! Wie? Was? Richtig gelesen, wir wollten nicht fahren. Bis zum Mittag. Da haben wir uns dann angemeldet! Naja, lange Rede, kurzer Sinn. Die weiteste Reise in der ruhmreichen Europapokalhistorie unseres geliebten Ballspielvereins hat bei uns bereits in der Entstehungsphase für Kopfzerbrechen gesorgt.

Die Tour

Am 25.08. um 17:30 Uhr war es dann endlich soweit. Aserbaidschan, Baku, Qarabag Agdam - die Tour konnte losgehen. Quasi ohne Gepäck holte ich Jockel ab und wir machten uns entspannt im Auto auf nach Köln. Die erst Station der Reise hieß Köln-Nippes (oder -Bilderstöckchen, aber wer wird das schon so eng sehen). Um genau zu sein Tomeks Wohnung, wo die Tour mit einem leckeren Union Siegel Pils dann auch in alkoholischer Hinsicht eröffnet wurde. Von Tomeks Wohnung aus ging es dann auch gleich weiter ins altehrwürdige „Stüssers Brauhaus“ im Agnes-Viertel. Dort warteten auch schon ein paar Reisebegleiter auf uns, so dass wir uns in geselliger Runde mit einem zünftigen Abendessen (Spießbraten oder „Himmel und Äd“) auch kulinarisch auf die Reise einstellen konnten. Weitere kulinarische Highlights sollten in den nächsten Stunden folgen.

Wandteppich an einer Häuserfassade in BakuDrölf Kölsch später machten wir uns dann per S-Bahn auf zum Flughafen Köln/Bonn. Dort hatte sich bereits ein Großteil der Reisegesellschaft eingefunden. Der Check-In und auch das Boarding verliefen eigentlich ziemlich reibungslos, so dass wir fast pünktlich gen Kaukasus starten konnten. Dank Tomeks fast schon magischer Fähigkeit sich innerhalb kürzester Zeit an den Anfang einer Schlange zu schleichen, hatten wir auf dem Hinflug äußerst komfortable Plätze direkt am Notausstieg. Beinfreiheit inklusive. Der Flug selbst verlief reibungslos und das Bordpersonal der tschechischen Charterfluggesellschaft schien nicht das erst mal mit, sagen wir, fröhlichen jungen Männern zu fliegen. Ganz entspannt und ausgeglichen handelten sie den Service auf Hin- und Rückflug. Sehr angenehm und daher an dieser Stelle auch einmal extra erwähnt.

Ankunft in Baku

Wie gesagt, bis zur Ankunft in Baku verlief der Trip bisher völlig stressfrei. Doch trotz der Vorwarnung was die aserischen (aserbaidschanischen?) Beamten angeht, konnte keiner ahnen was uns in den nächsten Stunden erwarten sollte. Verlief das erste Abstempeln der Reisepässe noch relativ zügig (inklusive der Aufnahme eines biometrischen Fotos jedes Fans), gestaltete sich das anschließende Ausstellen der einzelnen Visa zu einer Farce. In den ersten Stunden kümmerte sich ein Beamter um das ausstellen der Visa-Aufkleber für die Pässe. Das Ganze lief wie folgt ab. Bis zu 20 Päckchen, bestehend aus Reisepass, Visumsantrag und 60,00 €/80,00 $, wurden dem Beamten gesammelt ausgehändigt. Dieser nahm sich dann jeden Antrag und Pass einzeln vor und übertrug die dort stehenden Daten händisch auf den eigentlich Visumsaufkleber, welcher dann in den Reisepass geklebt wurde. Pro Aufkleber brauchte ein Beamter zwischen 1:30 Minute und 5 Minuten (wir hatten genügend Zeit dies ausführlich zu eruieren). Klar, man wird mit der Zeit nicht schneller beim Schreiben. Also, ein Beamter schreibt und 3-4 weitere wieseln um ihn herum, rauchen, gehen mal weg, gucken ihm wieder zu, gehen wieder weg, etc.! Unglaublich! Und das ganze Prozedere dann für ca. 300 Fans!

Tofiq Bahramov Statue in BakuDie Visumfalle

Erst nach dem schon ein beachtlicher Teil der Fans das Visum erhalten hatte und den Sicherheitsbereich verlassen durfte bemühte man sich den einen Beamten (der zwischendurch mal wechselte, vermutlich um Sehnenschneidentzündungen oder ähnliches zu vermeiden) durch drei weiteren Beamte zu unterstützen. Alles in allem hat daher ein Großteil der Fans bis zu 5 Stunden (!) ohne Getränke im Sicherheitsbereich verbracht. Nur damit wir uns richtig verstehen – das es länger dauern kann wussten wir alle vorher, aber die Art und Weise war dann doch etwas irritierend. Ein einziger Beamter muss per Hand alle Daten erfassen und einkleben!?!? Lächerlich, wenn man kurz vorher noch via modernster Kameratechnologie biometrisch fotografiert wurde damit die 1.300 (!!) in der Stadt aufgehängten Kameras auch jederzeit wissen wo man ist und was man macht.

Eins ist aus meiner Sicht hierzu noch zu sagen – das Verhalten der angereisten BVB-Fans war absolut vorbildlich. Sicher gab es immer mal wieder eine (deutliche) Unmutsbekundung und ich kann auch nicht ausschließen dass mir selber mal eine solche von den Lippen gegangen ist, aber alles in allem war die Stimmung besonnen und geduldig! Ich habe mir beim Beobachten der Beamten zu meiner eigenen Belustigung mal vorgestellt wie die Halle aussehen würde wenn gerade Feyenoord oder West Ham zu Gast wäre.

Auf in die Stadt

Nach dem Visumsmarathon ging es dann jedoch sichtlich entspannt weiter in Richtung Bakus Innenstadt. Der Transfer erfolgte in von Borussia gesponsorten modernsten Reisebussen mit Designerinnenausstattung (Tweety ;-). In der City angekommen erfolgte eine erste Orientierung. Dank Tomek, der das Glück hatte unter den ersten zu sein die den Sicherheitsbereich verlassen konnten (ich hatte seine Fähigkeit weiter oben ja bereits erwähnt) hatten wir quasi einen erfahrenen Scout zur Verfügung. Entlang einer wirklich schönen Uferpromenade ging es bei angenehm warmen Temperaturen und erträglicher Luftfeuchtigkeit auf Richtung Innenstadt/Altstadt. Einzig der permanent vorhandene Ölgeruch in der Luft war gewöhnungsbedürftig.

Der Präsidentenpalast in BakuZum ersten, aber nicht letzten Mal stellte ich fest das Baku so ganz anders ist als ich es erwartet hatte. Wurde vorher von einer muslimischen Stadt gesprochen die wir zum Ramadan besuchen, daher eventuell tagsüber nichts zu essen erhalten, geschweige denn Alkohol bekommen können stellten wir schnell heraus dass dies so nicht stimmte. Entlang der Uferpromenade befanden sich alle paar Meter eine „Bude“ an denen sowohl alkoholische als auch antialkoholische Getränke erstanden werden konnten. Sicher nicht ganz zu den Preisen die Einheimische zahlen, aber trotzdem OK. Auch die Nahrungsaufnahme stellte kein Problem dar. Zahlreiche Dönerbuden, Restaurants und McD versorgten die hungrige Meute. Unsere Reisegruppe entschied sich für ein Restaurant im Zentrum in dessen Außenbereich sich bereits zahlreiche Dortmunder eingefunden hatten. Die dort erstandenen Kebab-Variationen waren sehr gut und die Preise für die Speisen auf deutschem Niveau. Einzig das Pils war unbezahlbar (5,00 € für 0,5 Liter), so dass wir uns nach dem Essen (und ein bis zwei Bier) auf den Weg in die Altstadt machten. Dort versprach vor allem der Jungfrauen-Turm eine imposante Aussicht. Gefühlte 1.909 Stufen später befanden wir uns also auf dem Dach des Turms und tatsächlich, man hatte einen grandiosen Blick auf Alt-und Neu-Baku, den Hafen und das Kaspische Meer. Die 2,00 Manat Eintritt haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Nach Altstadt und Jungfrauen-Turm (also nach Erledigung des Kulturprogramms) machten wir uns auf den Weg in eine der Bars an der Uferpromenade. Auf dem Weg dorthin sollte jedoch auch noch ein kleiner Snack eingeworfen werden. Wir entschieden uns daher für ein Restaurant direkt am Wasser. An sich sehr nett, die Speisekarte jedoch nur in aserischer Sprache und die Kellner sprachen kein Wort Englisch. Wir leider kein Wort Aserbaidschanisch, Türkisch oder Russisch, so dass sich die Kommunikation als schwierig erwies. Mit großer Selbstsicherheit wurde ein Gericht von der Karte gewählt. Die Wahl des zweiten Gerichtes wurde durch heftiges Kopfschütteln eines Kellners und der vehementen Empfehlung doch bitte das Gericht Nummer 2 zu nehmen begleite. Dem wurde dann auch Folge geleistet. Das dort konsumierte Xirdalan-Bier war im Übrigen das einzige Einheimische Bier das wir probiert haben. Ansonsten gab es Efes.

Frisch gestärkt ging es dann in die erwähnte Bar an der Uferpromenade. Gerüchteweise hatten Teile der mitgereisten Dortmunder sich dieses Lokal bereits als Basisstation auserkoren. Zu Recht! Das Bier kostete nur 2,00 Manat pro 0,5 Liter und alleine unserem Kellner Yudo (so oder ähnlich die Aufschrift auf seinem T-Shirt) bei der Arbeit zuzuschauen war schon ein Highlight. Einfach witzig, wie er immer wieder (auch noch nach der 20ten Runde) um Handzeichen bei der Bestellung bat, statt einfach immer wieder 10 volle Gläser zu bringen die er immer losgeworden wäre. Auf Grund der vielen Dortmunder, der günstigen Preise, der tollen Lage zum Meer, vor allem aber zum nahen Einkaufszentrum mit seinen sanitären Anlagen, beschlossen wir also in dem Lokal zu verweilen. Gegen 19 Uhr, der vereinbarten Zeit zu der sich alle zur Weiterfahrt mit den Bussen treffen wollten, trudelten dann auch immer mehr Schwatzgelbe dort ein. Mit allen Mitreisenden wurde dann noch ein Gruppenfoto geschossen. Für viele Einheimische auch akustisch ein Highlight ihres Tages.

Tofiq-Bahramov-Stadion in BakuAb ins Stadion

Am Stadion angekommen wurde dann die einzige Kneipe/Biergarten aufgesucht. Dort waren hauptsächlich Einheimische anzutreffen und nur ein paar Dortmunder. Aber man hatte einen sehr guten Blick auf den großen Platz im Innenbereich des Stadions, direkt am Haupteingang.

Speziell für Jockel und mich hatte das den Vorteil das wir die Heimfans etwas beobachten konnten und feststellen mussten das unser Plan, einen Qarabag Schal oder Wimpel zu ergattern zum Scheitern verurteilt waren, da die Aseries sowas einfach nicht tragen. Auch Verkaufsstände gab es nicht, nicht einmal die sonst oft so selbstverständlichen fliegenden Händler. Wir haben uns dann einfach mehrfach „unters Volk“ gemischt. Im Nachhinein kann ich nicht genau abschätzen auf wie vielen Fotos wir abgelichtet wurden. Wir hatten fest permanent Menschen links und rechts neben uns die sich mit uns ablichten lassen wollten. So muss sich ein Profi bei Borussia fühlen. Einer der Einheimischen schenkte mir dann nach einem längeren „Gespräch“ auf Englisch einen Anstecker einer aserbaidschanischen Fahne. Für mich ein persönliches Highlight und eine Ehre. Doch auch unsere Suche nach Qarabag-Devotionalien wurde von Erfolg gekrönt. Einer der Aseries dem wir unser Anliegen vortrugen nach uns mit zum VIP-Eingang und erzählte dem dortigen Sicherheitschef von unserer Suche. Zufällig stand auch noch eine deutsch sprechende Dame in der Nähe die übersetzen konnte. Und so dauerte es ca. 20 Minuten bis der Sicherheitschef uns je eine Qarabag-Fahne besorgt hatte. Nicht ohne den Hinweis das dies eine besondere Ehre sei, da diese Fahnen noch nicht einmal jeder Aserbaidschaner bekommen würde. Nach vielen Dankesbekundungen und einem herzlichen Abschied machten wir uns dann auf den Weg in den Gästeblock. Dieser war zu dem Zeitpunkt zwar schon gut gefüllt, was jedoch bei 300 Mitgereisten nicht bedeutet dass man keinen guten Platz mehr bekommt. Die Stimmung im Block war gut, das Weiterkommen für die meisten eh gesichert (ich glaube niemand hat wirklich daran gezweifelt). Zum Spiel selber schreibe ich jetzt nichts. Dazu möge der geneigte Leser sich lieber den ein oder anderen Spielbericht zu Gemüte führen.

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Nach dem Sieg kam die Mannschaft inklusive Trainer artig an den Zaun um sich bei den Mitgereisten Fans zu bedanken. Ich bin mir ziemlich sicher das auch unsere Truppe froh ist das Abenteuer Baku hinter sich gebracht zu haben. Das Stadion leerte sich nun bis auf den Gästeblock komplett, der auch bis zum Ende weiter sang. Selbst Pro-Qarabag-Anfeuerungen waren nun kurz zu hören. Die bereitgestellten Busse brachten uns nun wieder direkt zum Flughafen, wo die Beamten-Odyssee weiterging. Mich persönlich fragte der Zöllner beim Sicherheits-Check ob das meine Stange Zigaretten wäre. Als ich bejahte fragte er ob er diese öffnen könne. Da ich mir dabei nicht viel dachte sagte ich ja, worauf er dann meinte er würde sich nur eine Schachtel raus nehmen wollen. Darauf ein kurzes „NO“ und ich konnte weitergehen. Tststs. Ein weiterer Zöllner war der Meinung ich könnte ihm meinen Schal schenken. Auch das habe ich dankend abgelehnt. Ähnliche weitere Vorfälle wurden berichtet, wobei ein einbehaltenes T-Shirt, das nur gegen die Zahlung von 30,00 € herausgegeben werde sollte sicherlich die Härte war. Naja, andere Länder, andere…! Als wir nach Stunden und mit entsprechender Verspätung dann im Flieger saßen hieß es für den Großteil nur Augen zu und erst bei der Landung in Köln wieder aufmachen. So hatte ich sogar das Gefühl halbwegs fit zu sein. In Nippes gab es dann noch ein leckeres Frühstück und endlich auch mal wieder Kaffee, bevor es dann auf den Rückweg nach Unna ging.

Fazit

Alles in allem war es eine super Tour in ein absolut unbekanntes Land und eine Stadt, die so ganz anders war als ich es mir vorgestellt habe. Doch, ich bin (wie auch viele andere meiner Mitfahrer) begeistert von Baku und finde es schon fast etwas schade dort wahrscheinlich nie wieder hinzukommen. Die Nationalmannschaft ist definitiv keine Option! Ein paar Worte noch zu den Einheimischen: dazu kann man eigentlich sehr viel schreiben. Meine Meinung – die Menschen sind sehr offen und gastfreundlich. Das man als Fußballfan in einer fremden Stadt manchmal komisch angeschaut wird oder auch blöde Sprüche bekommt ist völlig normal und gehört einfach dazu. Ich finde, die Aseries waren sehr gute Gastgeber, wir Dortmunder aber auch vorbildliche Gäste. Wir haben einen sehr guten Eindruck hinterlassen.

Geschrieben von McBaku - „Commando Tofiq Bahramov“